Ewigkeit
Endlich bei Trost sein
1 Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. 2 Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. 3 Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; 4 und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. 5 Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss! Offenbarung 21,1-5
Am kommenden Sonntag ist Ewigkeitssonntag. Er heißt auch Totensonntag und markiert das Ende des Kirchenjahres.
Besuch am Grab
Ich gehe mit meiner ältesten Tochter zu den Gräbern ihrer Großeltern. Und ihrer Tante. Davon spricht sie oft.
Wenn wir dann da sind, dauert es oft nicht einmal eine Minute: Dann will sie schon weiter. Lohnt das denn, so lange unterwegs zu sein und so kurz da zu sein? Typische Frage für Menschen, die Dinge auch nach Kosten beurteilen.
Das scheint aber nicht ihr Thema zu sein. Wir können eine Stunde mit dem Auto fahren. Und sind dann nach 60 Sekunden wieder weg.
„Wenn wir schon mal hier sind, dann lass uns auch ein bisschen bleiben. Wenigstens ein paar Minuten, sage ich.
Scheint nicht ihr Thema zu sein.
Dauer der Anwesenheit?
Intensität des Besuchs am Grab?
Fülle der Erinnerungen? Weißt du noch…?
Scheint alles nicht ihr Thema zu sein.
Was aber dann?
Erinnerung – was nehme ich nach innen?
Ich merke, ich habe sie nie richtig danach gefragt. Mein Filter im Kopf hat es vielleicht verhindert.
Der Filter ist meine Sicht der Dinge, mein Denken, wie etwas zu sein hat.
Und da kann man doch nicht eine Stunde mit dem Auto fahren.
Und dann zum Grab gehen – und zack, wieder weg?!
Wie unmöglich ist das denn? Oder kennt niemand von uns diese würdelosen Besuche, so kurz, dass sie schon lieblos sind? Ohne irgendeine echte Begegnung?
Oder die armseligen Entschuldigungen: „Ich hätte mich bei Dir gemeldet. Aber du hattest bestimmt keine Zeit.“
Wir sind also am Grab von Oma und Opa meiner Tochter. 20 lange Jahre sind ungefähr vergangen seit damals.
Und dann: eine Minute.
Jetzt habe ich sie gefragt: Warum nur so kurz, woran denkst Du?
Und ihre Antwort lautet: Ich denke daran, wie ich mit Oma eine ganze Schüssel mit Erdbeeren gegessen habe.
Wahrscheinlich geht es bei Begegnung also um Qualität und nicht um Quantität.
Was für eine Vorlage für den Ewigkeitssonntag. Gottes neue Welt definiert sich über Qualität.
Als zeitliche Wesen können wir nur zeitlich denken. Ewigkeit ist dann ein unendlicher Zeitraum nach unserer individuellen Lebenszeit. So stellt man sie sich oft vor.
Ewigkeit ist die Qualität der Begegnung mit der liebe Deines Lebens: Gott.
Mir ist noch der ESG-Abend in der letzten Woche nachgegangen. Worship-Songs. Jede/r hatte sein oder ihr Lied. Vor allem aber hatte jeder eine Situation, mit der er das Lied verbunden hat.
Wir singen die Gegenwart Gottes herbei. Oder wir spüren sie – plötzlich! – indem wir ein Lied hören, unser Lied.
Wir alle erinnern uns an Begegnungen und was sie uns bedeutet haben oder bedeuten. Das haben wir an dem Abend miteinander geteilt.
In keinem anderen Buch der Bibel gibt es so viele Hymnen, wie in der Offenbarung an Johannes.
In einem Lied ist alles wieder präsent: Die Begegnung, der Erlebnis. Egal wann es war und wie lange es schon her ist.
Der Philosoph Wittgenstein hat Ewigkeit so definiert: „Wenn man unter Ewigkeit nicht unendliche Zeitdauer, sondern Unzeitlichkeit versteht, dann lebt der ewig, der in der Gegenwart lebt.“
Und am Ende der Offenbarung an Johannes den Theologen gibt es dieses eine Bild. Er schaut den neuen Himmel und die neue Erde. Und das neue Jerusalem.
Im Zentrum davon steht eine Begegnung. Qualität: Und Gott wird abwischen die Tränen von ihren Augen (V.4)
Da steht er also vor Dir. Von außen gesehen, nur eine kurze Begegnung. Und er wischt dir die Tränen ab. Und er wohnt nebenan. Manche übersetzen Hütte, besser vielleicht: Zelt. Wie damals, als er mit seinem Volk unterwegs war. Die Stiftshütte. Ein Zelt mit der Gegenwart Gottes auf dem Weg durch die Wüste.
„Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein“
Welche Begegnung! Was wird gesprochen? Wie schaut er aus? Diese Fragen werden überboten. Denn:
Gott nimmt sich seiner Menschen so an, dass das Alte seine Wirkmacht verliert: Siehe, ich mache alles neu!
Und hier kommt alles zu seinem Ziel. Das Wort für Ziel und das für Vollkommenheit sind verwandt. Alles wird vollkommen sein. Mit den Worten der Offenbarung: Siehe, ich mache alles neu!
Außerirdische Gedanken
Gar nicht so einfach etwas zu beschreiben, was man vorher noch nie gesehen. Wie z.B. ein Raumschiff von Außerirdischen oder so.
Johannes sieht den neuen Himmel und die neue Erde, das neue Jerusalem als Wohnprojekt Gottes für seine Menschen.
Und dann muss er so viel in Negationen beschreiben:
und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.
Und dann erinnert sich meine Tochter an ihre Oma. An die Qualität dieser Beziehung. Eine Schüssel mit Erdbeeren reicht dafür offenbar.
Schnell erinnert.
Und jetzt bin ich dran. Er kommt zu mir. Wir reden nicht. Er wischt meine Tränen weg.
Es ist vorbei!
Weder Gedanken über Zeit noch philosophisches Bemühen werden mir helfen zu verstehen, wie anders Gottes Ewigkeit ist.
Und je Gegenwärtiger desto Ewigkeitlicher spüre ich etwas vom Gott, der zurechtbringt.
Und er war nie weg.
Und der Trost erreicht mich.
Ewigkeit in der Zeit.
An Ewigkeitssonntag lässt sich hoffen auf die „Unzeitlichkeit“ und sie lässt sich jetzt schon erfahren.
Johannes sieht es und gibt es weiter: Das Bild der Zukunft. Und manchmal ist es schon in der Gegenwart zu schauen und zu spüren. „Gott wird abwischen alle Tränen“
Welche eine Begegnung, welch ein Trost!
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