Münster
Der Himmel auf Erden
Münster
Der Himmel auf Erden
Das hier ist die Geschichte von Münster, oder zumindest ein Teil von ihr.
Münster die schönste Stadt, die es gibt!
Außer, Du findest für Dich, eine andere Stadt ist die schönste. Dann ist es die. Jedenfalls für Dich.
Bielefeld ist auch sehr schön. Hier aber jetzt mal: Münster.
In Münster gibt es die St. Lamberti-Kirche. Kennt jede/r. Insbesondere, wegen der Käfige am Turm.
Im 16. Jahrhundert gab es in Münster religiöse Eiferer, sogenannte Täufer, die in der Stadt den Himmel auf Erden leben wollten. An sich ein interessanter Gedanke, kommt ja schon im Vaterunser vor, dass Himmel und Erde zusammengehören. Da betet man: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.“ Es geht also um eine himmlische Perspektive, die schon auf der Erde gelebt wird.
Aber insgesamt soll das aber dann doch sehr radikal und sehr freizügig gewesen sein.
Radikal, weil z.B. die Überzeugung davon, wie nach Gottes Willen der Himmel auf Erden gelebt wird, von den Täufern auch mit Gewalt durchgesetzt wurde. Da war dann vieles nicht mehr himmlisch.
Freizügig – zumindest in der Meinung anderer – weil das Täufertum in Münster Zulauf von Dreiviertel mehr Frauen als Männer hatten. Und das war damals ein Versorgungsproblem. Es wurde die Polygamie eingeführt. Kein Scherz. Mann durfte mehrere Frauen haben. Vielleicht musste Mann es auch.
Und es wurden Erwachsene noch einmal getauft. Was von allen Denominationen bis heute abgelehnt wird. Außer denen, die es tun.
Irgendwann reichte es dann auch mal.
Da hat man dann diese sogenannten Täufer – zumindest die Anführer von denen – in Käfige gesperrt. Beziehungsweise: Vorher wurden sie vor Publikum zu Tode gefoltert. Und ihre Leichname kamen in die Käfige. Sie wurden an den Turm der Lamberti-Kirche gehängt.
Räumlich gesehen waren sie jetzt dichter am Himmel. Aber leider war es ganz und gar nicht himmlisch. Die leeren Käfige hängen noch heute am Kirchturm. Wahrscheinlich als Warnung für alle, die Ähnliches gerne hätten. Insbesondere vielleicht Menschen, die nicht römisch-katholischen Glaubens sind? Wir wissen es nicht.
Dass die Käfige noch fast 500 Jahre später dort hängen, führt auch immer mal wieder zu Diskussionen. Der Umgang mit Andersgläubigen soll sich inzwischen geändert haben, sagt man.
Jetzt aber nochmal zu diesem Projekt der Täufer: Himmel auf Erden
Plötzlich ist es wieder da!
Himmel auf Erden 2.0
Münster bekommt eine Himmelsleiter! Sie war schon einmal da und kehrt nun nach Münster zurück. Zufällig wird sie am Turm der Lamberti-Kirche befestigt und ist natürlich auch nachts zu sehen, weil sie aus Leuchten besteht.
Irgendwie ist das Projekt Himmel auf Erden in Münster noch nicht fertig geworden. Und wahrscheinlich nicht nur da. Deshalb jetzt die leuchtende Leiter.
Pfarrer Köppen von St. Lamberti sagt: "Sie hat den Menschen schon beim ersten Mal so viel Mut und Hoffnung gespendet. Schön, dass wir sie wieder hier haben."
Und die Menschen haben für diese Hoffnung auch zurück gespendet; 45.000,-€ wurden bisher eingesammelt.
Segen ohne Ende
Was bringt so eine Himmelsleiter zum Ausdruck?
Manch einer mag vielleicht an die biblische Vorlage denken: Jakob ist auf der Flucht und muss nachts allein im Outback übernachten. Und er hat einen Traum. Von einer Himmelsleiter, an der Engel hinauf- und hinabsteigen. Sie reicht bis an den Himmel. Gott steht oben und lässt dem Träumenden ein Versprechen zukommen. Nämlich, dass er auf seinem Wege gesegnet ist und sich alles erfüllen soll, was er ihm versprochen hat (vgl. 1 Mose 28,11-19).
Wie wunderbar! Die Himmelsleiter ist also ein Bild für die Offenbarung Gottes, genauer noch: Wie sein Segen auf die Erde kommt. Und darin wird der Segen für Jakobs Vater Isaak bestätigt. Was bedeutet, dass im Segen für Abraham und Isaak die ganze Menschheit gesegnet sein wird. (vgl. 1. Mose 12,3)
Insofern erinnert so eine Himmelsleiter daran, selbst ein gesegneter Mensch zu sein. Klasse!
Wenn demnächst also die 33 Sprossen hoch über der Stadt am Lamberti-Turm leuchten, werden wir an diese Zusage erinnert.
Wie ging es mit Jakob weiter?
Er wacht auf und er fürchtete sich und sprach: Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und hier ist die Pforte des Himmels. (1. Mose 28,17)
Um das nie mehr zu vergessen, vollzieht Jakob ein Ritual und gibt diesem Ort einen Namen: Beth-El. Heißt übersetzt: Haus Gottes. Und ist zugleich der Name eines ganzen Stadtteils in - Bielefeld. Bethel kennt hier jede/r.
Hier begann vor 157 Jahren ein christlicher Aufbruch. Ein Pastor nahm sich der „Anfallsleidenden“, Kranken und Menschen mit Behinderung an und es war der Beginn eines riesigen diakonischen Projekts, heute des größten in ganz Europa.
Mir gefällt die Himmelsleiter. Sie ist nach oben offen, drückt Sehnsucht nach dem Himmel aus. Und der größte Unterschied scheint mir da zu sein: Im Himmel gibt es andere Herrschaftsverhältnisse. In denen Menschen nicht mehr leiden müssen. Wir beten im Vaterunser: Dein Wille geschehe, also Gottes Wille.
Der Wille von Menschen hat häufig zu schrecklichen Dingen geführt. Von den Täufern in Münster bis in die Katastrophen der Gegenwart.
Himmel ist und bleibt also immer die Sache Gottes. Und das ist die Chance für die Erde. Gott sei Dank!
Wo ist mein Bethel?
Und wie ist es mit Dir?
Man kann die Gestalt des Jakobs auf seiner Reise nach innen nehmen und sich fragen: Wovor laufe ich weg? Was suche ich? Worauf hoffe ich? Und wie prägt das meinen Weg?
Der Jakob in mir will den ganz großen Segen. Und jetzt liegt er irgendwie abgehängt in der Wüste, ein Geflüchteter.
Wie viele Versuche hatte ich schon, um für mich den Himmel auf Erden zu bekommen? Wie häufig war es eine Selbstverbesserung nach meinen Vorstellungen? Fragen über Fragen. Was so himmlisch scheint, verkehrt sich in den Gegensatz. Dann wird es geradezu höllisch.
Dann möchte ich lieber hineingenommen werden in Gottes Segensgeschichte, die sogar im Schlaf weitergeht. Die Zusage von ihm ist traumhaft. Du bist ein Segen. Und durch Dich wird er weitergegeben in dieser Welt.
Ich erlebe also Beth-El. Ein Platz voller Segen. Hier berührt die Himmelsleiter die Erde.
Und so kommt der Himmel auf die Erde.
Was für ein großartiges Projekt von Pastor von Bodelschwingh seinerzeit! Der Segen für die ganze Welt, wie Jakob zugesagt, lässt sich empfangen und weitergeben.
Und ich wache auf und merke: Es ist genau hier. Hier ist mein Bethel, hier kommt der Segen auf mich herab. „Seinen Freunden gibt es der Herr im Schlaf.“ (Psalm 127,2b) Zeit für Entdeckungen!
Lieber Leiter statt Käfig
Ach so: Pfarrer Köppen berichtet, dass die größte Einzelspende in Höhe von 30.000€ anonym von einer Protestantin gemacht wurde.
Interessant! Die Täufer zählten auch zu den Protestanten. Und die geben nie auf. Wenn das im 16. Jahrhundert schon nicht geklappt hat mit dem Himmel auf Erden, dann vielleicht jetzt. Ein leuchtendes Kunstwerk ist allemal besser, als auf Leichen-Käfige schauen zu müssen.
Ab dem 25.11. beginnt der Weihnachtsmarkt in Münster; da leuchtet die Leiter wieder über den Dächern der Stadt.
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