Radikale Akzeptanz - wie gewinne ich eine Goldmedaille?


Radikale Akzeptanz

Wie gewinne ich eine Goldmedaille?

 

 Dieses ist die Geschichte von Christiane Reppe; oder zumindest ein Teil ihrer Geschichte. Sie hat BWL studiert, schon einmal eine Firma gegründet, verschiedene Sportarten sehr erfolgreich betrieben.

 

Im Jahr 2016 gewann sie im Handbike Rennen eine Goldmedaille bei den Paralympics in Rio de Janeiro.

Anschließend trainierte sie ein Jahr, um in Südafrika bei der Weltmeisterschaft einen guten Platz zu belegen; letztlich zählte sie für zwei Wettbewerbe sogar zu den Favoritinnen: Im Straßenrennen und im Einzelzeitfahren.

Zwei Wochen vor dem Abflug stellt sich heraus: Der Verband hat vergessen, sie anzumelden.

Christiane Reppe sagt: „Ich akzeptiere das jetzt. Es ist ein Schock, aber ich fahre da trotzdem mit hin.“ Wozu? Um die anderen anzufeuern. (ZEITwissen 4/24)

Drei Tage vor dem Rennen erlaubt der Weltverband überraschend, dass sie nachnominiert werden darf.

Allerdings hat sie ihr Handbike nicht dabei. Kurzentschlossen bucht ihr Vater den nächsten Flug nach Südafrika. Und bringt Ihr das Sportgerät.

Christiane Reppe nimmt am Rennen teil und gewinnt zweimal Gold.

 

Radikale Akzeptanz

Was für eine Geschichte! Was für eine Haltung! Und diese Haltung nennt man in der Psychologie radikale Akzeptanz.

Es einfach so lassen, wie es ist. Auch das Schmerzhafte.

Das ermöglicht dann, damit umzugehen.

Oder anders: Integrieren – das gehört halt zu meinem Leben.

 

Diese Geschichte teile ich hier, weil sie mich fasziniert. Offenbar habe ich mehr damit gerechnet: Wer im Alter von 5 Jahren sein Bein durch einen Tumor verloren hat – das ist Christiane Reppe passiert – hat allen Grund depressiv durchs Leben zu humpeln.

Krass, dass viele Menschen so denken. Dann treffen sie auf Christiane Reppe, die etwas anderes lebt.

Auf die Frage, ob sie manchmal denke: Mit zwei Beinen bin ich schneller und wäre sogar bei Olympia dabei, antwortet Christiane Reppe: „Nein. Ich wüsste nie, was ich gemacht hätte, wenn ich zwei Beine hätte. Sicherlich wäre ich mit zwei Beinen schneller im Wasser. Aber vielleicht wäre ich gar nicht Sportlerin geworden…“ (Tagesspiegel 29.8.2012)

 

Mich gibt’s eben nur so, wie ich bin. Und das ist gesetzt. Von da kann ich dann weitergehen – oder eben auch rollen…

 

Behindert werden

Was mich an einen Spruch meines guten Freundes Michael erinnert: „Behindert ist man nicht, behindert wird man.“

Ein bisschen fühle ich mich entlarvt: Bin ich vielleicht in meinen Vorhaben, behindert worden?

Und wenn ja, wie und durch wen?

Manchmal scheint es so, als würde ich mich selbst behindern, um im Bilde zu bleiben. Was denke und glaube ich denn von mir? Bringt es mich weiter? Hab ich Lust auf mein Leben, mein Studium, meine Projekte?

Welch ein Geschenk zu erleben: Ich bin gut genug, ich bin angenommen. Ich bin die beste Ausgabe meiner selbst. Ich nehme mich so, wie ich bin. Es ist ein Privileg, zu sein.

Was mich zu der alten Weisheit führt, die je neu gehört werden darf:

 

Große Ruhe des Herzens hat,

wer weder um Lob,

noch um Tadel sich kümmert.

Du bist nicht besser,

wenn man dich lobt

und nicht schlechter,

wenn man dich tadelt.

Was du bist, das bist du,

und man kann dich nicht

größer nennen,

als du vor Gott bist.

Thomas von Kempen (14. Jht)

 

Von der Metaebene der Perspektive des Glaubens ergibt sich eine Haltung der Gelassenheit. Mein Schöpfer und mein Erlöser lässt mich so, wie bin.

 

Jetzt sind gerade die Paralympics in Paris gestartet (28.8.24). Vielleicht schau ich mal einen Wettbewerb. Toll, was die trotzdem draufhaben, trotz Einschränkung. Das werde ich nicht mehr so schnell denken.

 

Christiane Reppe hat übrigens auch noch gesagt: „Ich hatte mit meinem Körper etwas Glück“ 

 

Zeit für meine eigene Goldmedaille.

Foto: pixabay
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