"Josef Style"
Wie dich wahre Großzügigkeit ins Freie führt
Leben ohne „Gedöns“
Mein Freund Joseph hat geheiratet. Jetzt noch, mit über 50. Der Standesbeamte erzählte der kleinen Hochzeitsgesellschaft, was das Brautpaar für ein Ritual wollte: „Ohne Gedöns“
Was soviel heißt wie: Ohne großen Schnickschnack, besonderen Aufwand in Bezug auf die Zeremonie; und auch die Kleidung, die Art zu Feiern… lass es doch einfach so, wie es ist. Fertig.
Also hatten wir alle miteinander einen sehr schönen Tag; und ja: es flossen auch Tränen.
Und ja, es war auch irgendwie – romantisch. Je nachdem, was man damit verbindet.
Und ja, es wurde gegessen, getrunken, getanzt. Und zuhause ging es weiter: Einige haben bis 4 Uhr morgens gefeiert.
Und dann kam die Polizei.
Erkläre ich weiter unten….
Natürlich schaut man mal zurück: Was hat uns hierhergeführt? Wieso sind wir eingeladen?
Und da gehen meine Gedanken zurück bis ins Jahr 2012.
Ich sitze irgendwo in der Hitze des späten Nachmittags vor einer kleinen Bar in Spanien. Das sind die Dorfkneipen dort.
Da begann die Josef-Geschichte. Von der Wanderung des Tages erschöpft, saß ich träge im Schatten. Plötzlich: Eine Staubwolke, Hundegebell, Schreie. Ein Pilger kommt ums Eck, trifft auf einen Straßenköter, der ihn anbellt. Der Pilger schreit den Hund an. Es ist Ruhe. Ein, zwei Halbe im Stehen an der Bar (Du weißt schon, die Dorfkneipe) und dann weiter.
Nach dieser kurzen Szene wusste ich: Speedy Gonzales lebt.
Später sah ich diesen Wanderer wieder, erfuhr seinen Namen und wir gingen einen Teil des Jakobsweges zusammen.
Als Josef zu uns stieß veränderte sich alles. Nicht nur, dass er da Straßenhunde abkanzelt und da weiterwandert, wo es in der Gluthitze keine Wasserstellen mehr gibt.
Er war in anderen Zusammenhängen alles außer gewöhnlich.
Während wir unsere Münzen für den Cappuccino abzählten, den wir gerade getrunken hatten, kam jetzt jemand, der – zack – einfach die ganze Runde bezahlt hat. Und fertig.
Und dann wieder und wieder. Von da an waren wir ziemlich hellwach. So kann es ja nicht weitergehen! Wir wollten auch mal dran sein in unserer kleinen Reisegruppe.
So wurden wir entspannt im Horizont dessen, was wir selbst erlebten: Pure Großzügigkeit! Dinge wurden unwichtig, andere um so wichtiger.
Pure Großzügigkeit
Ja, schon klar: Es gibt Menschen mit mehr und mit weniger Geld. Und gerade im Studium ist das Auskommen nicht immer üppig – im Gegenteil! Es geht im Augenblick jedoch um mehr:
Kann ich mich beschenken lassen? Kann ich dankbar und frei etwas annehmen – ohne kalkulatorische Überlegungen, Gedanken von Ausgleich, Gerechtigkeit… was immer ich damit verbinde?
Großzügigkeit ist tatsächlich eine Grundhaltung des Universums. Und damit des Schöpfers aller Dinge selbst.
Na klar, Du legst Geld auf den Tisch für einen Cappuccino. Was jedoch letztlich nur ein Tauschmittel ist. Denn die Espressobohnen, der Milchschaum, das Wasser…. alles ein Geschenk.
Wie überhaupt: Der August ist Hochsommer. Eine gute Zeit, in allen Dingen Großzügigkeit zu entdecken: Im Wogen der letzten Felder, deren Ähren reif sind; in den Sonnenstrahlen, der Kühle des Waldes, der Weite des Meeres.
Überall erfahre ich Großzügigkeit.
Es kann ein lohnendes Projekt sein, sich selbst, andere und überhaupt alles mit dem Blick der Großzügigkeit anzuschauen. Wo findest Du sie? Wo findet sie Dich?
Klar kann man glauben: Man hat sich das Leben – und den Lebensunterhalt – erarbeitet. Das kann man aber nur glauben, wenn man nie Kontakt mit wahrer Großzügigkeit hatte.
Oder hat hier jemand jemals Gott bezahlt für den Sonnenuntergang, den warmen Wind auf der Haut, den Klang der Stille? Für Freunde, Familie – und sich selbst?
Es ist die Großzügigkeit Gottes, die in allem aufleuchtet. Manchmal kann ich sie sehen. Manchmal bin ich zu beschäftigt damit, mein Geld für einen Cappuccino abzuzählen. Und das ist eine Metapher für: Ich kann nichts annehmen, sein lassen, genießen, teilen… nenn‘ es, wie Du willst.
Oft kann man dann auch sich selbst nicht annehmen, sein lassen, genießen, weiter verschenken.
Worauf also bist Du fixiert? Großzügigkeit führt ins Freie. „Leben im Überfluss“ (vgl. Joh 10,10) ist die Entdeckung: Ich bin beschenkt. Auch mit mir selbst.
Könnte ein lohnendes Projekt für diesen Hochsommer sein: Gottes Großzügigkeit sein zu lassen. Und mich auch sein zu lassen. Ich bin ein Gedanke seiner Großzügigkeit.
Es gibt viele gute Gründe, das hier und jetzt anders zu sehen.
Bringen sie dich weiter?
Na also.
Das tablecloth-Programm
Josef also, mein Freund, der Hundebändiger, hitzebeständig und lebensfroh hatte auf seinem Pilgerweg ein Tischtuch dabei. „tablecloth“ haben wir immer gesagt, weil Jill aus Schottland kein „native speaker“ war. Dieses tablecloth hat er rausgeholt, als wir an der Kathedrale von Santiago angekommen waren. Und es gab ein Super-Picknick am Fuße des Gotteshauses.
Das haben wir dann später fortgeführt. Ein kleines Picknick und völlig fremde Menschen dazu einladen. Teilen, genießen, erleben was uns verbindet. Alles als Ausdruck von erlebter Großzügigkeit. Die Erfahrung des Beschenkt-seins ist großartig. Gott ist so großzügig mit mir. Und das hilft mir einfach auch, eine neue Sicht auf mein Leben zu bekommen.
Die Polizei vor der Tür
Ich löse die Geschichte vom Anfang auf.
Und, was hast Du gedacht, was passiert ist?
Zu laut, Unfall mit Fahrerflucht, Überfall….. schade für die Hochzeit!!
Meiner Phantasie sind ja oft keine Grenzen gesetzt. Vor allem, jetzt kommt irgendeine Strafe oder so. Man rechnet mit dem Schlimmsten.
Es kam tatsächlich ganz anders.
Josefs Sohn arbeitet bei der Polizei und hat seine Kollegen selbst angerufen.
Wenn ihr sowieso nachts unterwegs seid, dann kommt gerade mal vorbei und fahrt mich nach Hause. Wir haben nämlich ziemlich feuchtfröhlich gefeiert.
Und dann stand die Polizei vor der Tür.
Nette Kollegen und Kolleginnen muss man haben!
Oder anders gesagt:
Wie großzügig!
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