Raphaela küsst
P.S.: Ich liebe Dich
Staubig willkommen
Müde und durchgeschwitzt erreiche ich die kleine Kapelle. Pepe begrüßt die Neuankömmlinge. Und es duftet nach Essen.
Die Freiwilligen kommen aus Italien. Hier in Nordspanien betreuen sie eine Herberge für Pilger. Und dazu gehört es, jeden Abend die neuen mit einem Ritual zu begrüßen.
Pepe erklärt uns, wie wir uns vorbereiten sollen. Er kann kein Wort Englisch. Wir kein Italienisch. Mit Mimik und Gestik macht der uns deutlich, dass wir vorher duschen sollen, zumindest aber die Füße waschen.
Ist nach 37 km über staubige Wege sowieso dran. Aber gut, die Geschmäcker sind ja verschieden. Nur eben nicht bei – Raphaela.
Küsse für Fremde
Im abendlichen Begrüßungsritual wird gesungen und gebetet: Und Raphaela küsst jeden/jede.
Es ist schon etwas ungewohnt, sich die Füße küssen zu lassen. Zumindest einen. Gehört aber dazu.
Die Gemeinschaft aus Italien begrüßt in jedem Pilger Christus selbst. Und zu dieser Tradition gehört Füße küssen. Und eine rituelle Fußwaschung.
Sowas Intimes für Fremde!
War aber cool.
Und erinnert an zweierlei:
Jesus Christus kann Dir in jedem Menschen begegnen. Ich bleibe aufmerksam für eine solche Begegnung. Die Liebe Gottes in Person, wow. Da ist Füße küssen okay. Zumal im Altertum die Füße als Sitz der Persönlichkeit galten.
Zweitens. Der Brauch, Füße zu waschen, geht auf Jesus selbst zurück (vgl. Joh. 13) Er hat seinen Jüngern die Füße gewaschen.
Dienen statt herrschen. Ein cooles Konzept, ich unterbreche die Selbstbeschäftigung. Und diene mit dem, was gerade notwendig ist. Heute wandert niemand mehr barfuß. Aber das Konzept hat Perspektive.
Wozu könnte das in meinem Leben gerade jetzt wichtig sein?
Finde es heraus.
Auf meinem Pilgerweg jedenfalls war das der Hammer. Ankommen und so begrüßt zu werden. Und, weil ich mit jedem weiteren Kilometer immer aufmerksamer wurde. Wer ist es, in dem ich bedingungslose Liebe treffe, die für mich ansichtig wird? Wo läuft Jesus mir über den Weg? Und auch: Was dient mir wirklich?
Das alles ist jetzt zehn Jahre her. Wirkt aber immer noch.
„Pilgern“ kommt von lateinisch "peregrinari", in der Fremde sein. Und gerade in der Fremde gibt es die Sehnsucht nach Heimat und Ankommen.
P.S.: Ich liebe Dich
In der ESG haben wir gerade ein Lied neu für uns entdeckt. „Du tust“ heißt es.
Der Text geht so:
„Meine Seele sucht Heimat, mein Herz sucht Glück,
doch wo immer ich hingeh, geht´s mal vor und mal zurück,
ich sehn mich nach Frieden, was ich auch tu,
am Ziel meiner Suche stehst Du. (…)
Du tust im innern meiner Seele gut,
und Du tust, was Balsam auf den Wunden tut,
und Du suchst mich, wenn ich mich in mir verlier,
in mir verlier.
(…) was ich auch tu,
am Ende des Weges stehst Du.“ (von Tobi Wörner)
Manchmal bleibt die Sehnsucht nach Veränderung ein Leben lang. Gott sei Dank gibt es ein Ankommen jenseits aller Stationen eines Pilgerwegs. Die Entdeckung, am Ende von allem bei Gott willkommen zu sein.
In diesem Sinne in der vorlesungsfreien Zeit: Gutes Unterwegssein und gutes Ankommen!
Hier findest du noch weitere Blogeinträge von uns.
Kommentar schreiben