Hauptsache, mir geht's gut
Gefühle im Alltag
In meinem Büro hängt ein Bild mit diesem Spruch drauf. Darunter ein lässiger kleiner König, sehr entspannt und schmunzelnd liegt er auf einem Kissen.
Manchmal, wenn jemand zum Reden vorbei kommt, sprechen wir darüber.
Wie kann man diesen Satz verstehen?
Ich hab‘ am Anfang gelesen: „Hauptsache, mir geht’s gut“. Modell ego-shooter. Ich bin der Mittelpunkt meines Universums. Was auf die Dauer sehr anstrengend ist.
Da das Wort „gut“ farblich abgesetzt ist, passt auch: Hauptsache, mir geht’s gut
Mit dieser Variante lässt es sich schon besser leben. Vor allem, wenn man an die Alternative denkt.
Es gibt mindestens noch eine dritte Möglichkeit, den Satz zu lesen: Dass es mir gut geht, ist Haupt-Sache. Haupt als altes deutsches Wort für Kopf.
Das ist meine Lieblingsinterpretation. Weil ich einfach bei mir selber erlebe: Ich kann ein und dieselbe Sache häufig ganz unterschiedlich bewerten. Aus meinen Gedanken werden Gefühle – und schon ist der Tag einmalig – oder im Eimer.
Seitdem das in meinem Büro hängt, versuche ich öfter mal, den Wahrnehmungscheck zu machen: Ist es wirklich so, wie ich das gerade denke?
Bin nur ich heute alleine und pandemisch vollisoliert? Dachte ich mir so.
Geht nur bei mir das Internet nicht? Ausgerechnet heute! Wahrscheinlich hat sich die Netzmafia gegen mich verschworen! Und zwar konkret nur gegen mich!
Bin ich vielleicht der einzige, der zum Beginn der Vorlesungszeit absolut keine Lust auf Zoom hat? Immer nur auf Kacheln gucken!
Manchmal ist es total heilsam, sich selbst zu unterbrechen. Man muss ja nicht alles glauben, was man denkt.
Der Gedanke hat tatsächlich einen biblischen Ursprung. Jesus sagt in Mk 1,15:
„Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“
Die Einladung „Kehrt um!“ – manche sagen auch „Tut Buße!“ bedeutet vom ursprünglichen Sinn her: Denk mal um! Dreh dein Denken in die komplette Gegenrichtung. Womit wir schon wieder bei der Hauptsache wären. Ich finde, das hat Charme. Und eröffnet mir viele neue Möglichkeiten für diesen Tag. Das es mir gut geht, hab ich oft selbst in der Hand, äh im Kopf, ist also Haupt-Sache.
Und hier lerne ich auch noch, dass ich damit dem Himmel ein Stück näher komme.
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